[C-Rank] Klau das Ei

Spoiler:

Shin biss ein Stück von seinem Zwiebelbrot ab. Er genoss es. Es war sicherlich seine letzte Stärkung bevor er zur Quest aufbrechen würde. Er entschied sich kurzerhand das ganze schnell zu beenden und begann die Transformation in den Phönix. Sein Körper strahlte, wobei das Licht stärker wurde und sich sein Körper im Lichtkegel letzten Endes verformte. Nach einem kurzen Moment stand Shin als Phönix im Außenbereich des Luftschiffs herum. Die kleinen Flammen, die an seinem Vogelkörper waren, wehten im Wind. Dann stieß Shin sich ab, breitete seine Flügel aus und ließ sich entgegen der Fahrtrichtung des Luftschiffes treiben. Er musste seine Kraft nicht mit Flügelschlägen verschwenden, da er eh an Höhe verlieren musste, um auf der Höhe des Gipfels vom Mount Hakobe zu sein. Shin erinnerte sich daran, dass er erst kürzlich mit Lucius dort war, um ein Artefakt aus einer Höhle im Berg zu beschaffen. Dieses Mal würde er jedoch ausschließlich außerhalb sein. Er musste ein Drachenei aus einem Nest klauen. Laut der Info zur Quest gäbe es dort zwar keinen Drachen, aber ein paar gierige Vögel, für die das Ei ein Leckerbissen wäre. Shin gefiel dieser Auftrag. Seine letzten waren alle etwas beschwerlicher. Dieses Mal konnte er – zumindest hoffte er es – einfach als das Ei schnappen und wegfliegen. Vielleicht würde es ein neuer Rekord sein. Er kannte seine Bestzeit für seine Quest nicht. Jedoch war er sich ziemlich sicher, dass es ein Auftrag war, bei dem er eine kleine Bande, die sich für Helden hielt und Verbrecher fing, vertreiben musste. Das hatte bestimmt mehrere Stunden gedauert, dachte sich Shin. Dieses Mal war er aber in der direkten Umgebung seines Zielortes. Und er würde verdammt schnell sein. Shin schwelgte in solch tiefen Gedanken, dass er vergaß, wie nah er dem Mount Hakobe doch schon war. Er war aber bereits ein Stück zu tief und konnte langsam die Felswand des großen Berges erkennen. Also zog er an und steigerte seine Höhe mit ein paar kräftigen Schlägen. Das Nest sollte genau auf der Spitze sein. Shin wollte aber auch nicht zu leichtsinnig agieren. Also kreiste er um den Berg, gewann dabei immer mehr an Höhe, da er ja noch nicht hoch genug war, und schaute sich nach möglichen Feinden, also Raubvögeln um. Er konnte keine entdecken und so näherte er sich langsam seinem Ziel. Er stoppte ab und landete zielsicher im Nest. Allerdings war dort kein Ei zu finden. Kam er zu spät? Oder wurde er nur veräppelt? Gab es diese Quest eigentlich gar nicht? Shin fielen die verschiedensten Theorien ein, eine verwirrender und unsinniger als die andere. Letzten Endes entschied er sich für Erkundung der Umgebung. Vielleicht wurde das Ei wirklich geraubt und der Dieb befand sich noch in der Nähe. Nach gut 20 Minuten fand er ein paar Greifvögel. Er erinnerte sich, dass diese Tiere auch in der Beschreibung erwähnt wurden. Er untersuchte aus sicherer Entfernung deren Nest, musterte es einen Moment lang genau. Und in der Tat befand sich dort ein Ei. Es war eindeutig zu groß für ein eigenes gelegtes Ei. Shin kreiste noch ein Mal im großen Bogen und begab sich dann in den Sturzflug. Die Greifvögel bemerkten nun den Phönix. Shin resignierte dies seinerseits. Er beeilte sich schon, wollte möglichst schnell beim Nest ankommen, musste jedoch auch achten den Baum, im welchen sich der Horst, also deren Nest befand, nicht mit seinen Flammen anzündete. Also stoppte er noch rechtzeitig ab, um genug Kontrolle zu haben. Er griff sich das Ei im Flug mit seinen Krallen, passte jedoch auf, dass das EI dabei unversehrt blieb. Immerhin wäre die Quest gescheitet, sofern es beschädigt wird. Interessant war, dass die Greifvögel dass Ei in ihr Nest gebracht hatten, anstatt es zu zerstören und als Futter anzusehen. Anscheinend betrachteten sie es als ein verlorenes Jungtier und brachten es deshalb zu ihrem Nest. Doch Shin hatte jetzt keine Zeit zum nachdenken. Er musste weg und zwar schnell. Es war schwer direkt wieder an Höhe zu gewinnen und das Muttertier, welches das größere des Greifvogelpaares war, griff ihn an. Der Phönix bemerkte den Angriff und wich per Gleichgewichtsverlagerung aus und versuchte dann weiter an Höhe zu gewinnen. Nun kam der zweite Greifvogel an. Shin war langsam genervt. Seine Krallen waren zwar mit dem EI belegt, sein Schnabel jedoch völlig frei. Er stieß eine Flamme aus und schreckte seinen Feind ab. Nun gaben die Vögel auf. Shin flog gemächlich zum Nest auf dem Gipfel und legte das Ei sanft ab. Er wollte sich ein wenig erholen. Shin hätte sich eigentlich zurückverwandeln können und dann mit seinem Gildenzeichen auf seiner Brust zum Luftschiff zurückgehen können. Aber er tat es nicht. Vielleicht vergaß er es einfach nur. Oder wollte er es nicht? Das spielt jedenfalls keine Rolle. Shin stand nun im Nest auf dem Gipfel auf seinen Vogelbeinen und schaute sich um, während er ein wenig Kraft schöpfte. Dabei bemerkte er jedoch den Greifvogel nicht, der ihn wieder attackierte. Dessen nach vorn gestreckte Krallen griffen nach dem Körper des Phönix und stießen ihn mit voller Wucht aus dem Nest, sodass er vom Berg hinunterfiel. Der Greifvogel hatte seine Krallen immer noch bei Shin. Es begann ein heftiger Kampf im freien Fall. Shin benutze direkt seine Schnabel und attackierte den Greifvogel, dieser konterte jedoch mit seinen Krallen, worauf der Phönix auch wieder neu angriff. Aus der Ferne betrachtet sah es so aus, als ob sich die beiden Geschöpfe wild herum drehten und auf sich gegenseitig einhackten, wobei sie sich rechtzeitig über dem Boden lösten, um einem möglichen Aufprall aus der Höhe zu entgehen, denn dies hätte den Tod beider Wesen bedeutet. Während der Phönix seine Höhe behielt und die Bergspitze erneut aufsuchte, um das Ei zu nehmen, schien der Greifvogel erneut geschlagen zu sein. Er glitt langsam zum nächst besten Baum hinab und putzte sein Gefieder. Als Shin wieder oben war und im Nest landete, war das Ei
verschwunden. Er wunderte sich und sah in ungefähr 50 Metern Entfernung das andere Tier mit dem Ei in seinen Klauen. Der Phönix ließ sich das nicht gefallen und hechtete hinterher. Der Verfolger erreichte sein Zielobjekt noch vor dessen Ankunft beim eigenen Nest und brachte einen unangenehmen Laut hervor, sodass der Greifvogel das Ei vor Schmerz fallen ließ. Shin reagierte blitzschnell und fing es rechtzeitig auf und flog damit in Richtung Luftschiff davon. Dieses Mal würde er nicht zurückblicken, er würde sich auf keinen Kampf einlassen und sich noch länger mit dieser simplen Aufgabe beschäftigen. Er ging einfach sicher, indem er eine hohe Fluggeschwindigkeit hielt und den möglichen Verfolgern keine Chance gab. In der steigenden Höhe wurde ihm nicht kalt. Zwar waren die Flammen an seinem Gefieder recht klein, sie erloschen aber auch nicht. Als Phönix hatte er eindeutig den Vorteil, dass er nie auskühlen würde, sofern er nicht zu viel Energie für die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur benötigt. Nach einer Weile befand sich das Luftschiff in seiner Sichtweite. Aus der hinteren Perspektive hatte er es schon lange nicht mehr gesehen, da er in der Regel sein Gildenzeichen verwendete. Er näherte sich der Plattform nur langsam, da sich das Schiff ebenfalls mit einer hohen Geschwindigkeit fortbewegte. Schließlich erreichte er das fliegende Transportmittel und legte das Ei auf der Außenplattform ab, verwandelte sich zurück. Er nahm das Ei mit und gab es bei der verantwortlichen Person ab. Als ihm nach möglichen Problemen gefragt wurde, die eventuell aufgetreten sein könnten, verneinte Shin: „Eigentlich gab es keine Probleme. Zumindest ist das Ei unbeschädigt. Die kleinen Schürfwunden an meinem Körper sollten sie nicht wirklich interessieren. Die sind nur durch ein paar mehr oder wenig kürzere Auseinandersetzungen mit Tieren entstanden.“ Der Mann nickte nur, begutachtete das Ei und suchte es nach auch nur kleinsten Mängeln ab, als ob es sein persönlicher Schatz wäre. Danach drehte er sich weg und begab sich ins Innere des Luftschiffes. Wieso er ausgerechnet dahin wollte, wusste Shin nicht. Jedenfalls war er kein Gildenmitglied. Was machte er also auf dem Luftschiff? Shin zuckte mit den Schultern und ging ebenfalls langsam in das Innenleben.